Möchten Sie eines der ältesten und neuesten Weingüter Deutschlands in einem Rutsch besichtigen? Die Abtei Eberbach, Geburtsort der Cabinett-Weine und Sitz einer der modernsten Weinkellereien Europas, bietet beides. Der Besuch bietet eine Zeitreise, die kaum interessanter sein könnte…
Und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, und Öl, das sein Angesicht leuchten lässt, und Brot, das das Herz des Menschen stärkt. (104:15)
Als im Jahr 1136 zwölf aus dem Burgund stammende Zisterziensermönche die Abtei Eberbach gründeten, hätte wohl keiner von ihnen geahnt, welch unglaubliches Stück Weingeschichte sie zu schreiben begannen. Ausgehend von einem abgelegenen Stück Land in einem kleinen Tal des Taunus, das sich zum Rhein hin öffnet (die Region ist heute als Rheingau bekannt), legten sie nicht nur den Grundstein für eine religiöse Hochburg, sondern auch für ein Weingeschäft. Und was für ein Geschäft daraus werden sollte: Innerhalb kürzester Zeit bauten die Mönche der Abtei Eberbach auf den besten Lagen der Region Wein an, schufen ein Netz von 200 Filialen mit Niederlassungen in den wichtigsten Handelsstädten wie Mainz und Köln und gründeten eine eigene Flottille von dreißig Schiffen, um die Weine auf dem Rhein nach Norden zu verschiffen. In den folgenden Jahrhunderten war Eberbach zusammen mit konkurrierenden Klöstern und Schlössern der Region wie Johannisberg, Vollrads oder Eibingen – heute allesamt Grand-Cru-Weingüter – Schrittmacher der Rieslingproduktion.
Es waren die Mönche von Eberbach, die damit begannen, Weine in den „Kabinetten“ des Cabinettkellers reifen zu lassen, oder die Mauern um ihre wertvollsten Rebstöcke bauten, wie zum Beispiel die Domäne Steinberg, und so Terroirs schufen, die den „clos“ in Burgund und Champagne ähneln.
Das Geschäft war nie einfach, denn die Region wurde immer wieder von Konflikten und Kriegen heimgesucht, aber die Abtei erholte sich immer wieder. Ironischerweise waren es die Franzosen – erst die Revolutionstruppen im Jahr 1792, dann Napoleon -, die dem Weinbau im Rheingau beinahe ein Ende bereitet hätten. Abteien wurden geschlossen, kirchliche Besitztümer beschlagnahmt und landeten in den Händen von Aristokraten und Verwaltungen, die wenig Erfahrung im Weinbau hatten. Dennoch gelangten die Rheinweine im 19. Jahrhundert zu neuem Ruhm und wurden lange Zeit unter den teuersten Weinen der Welt gehandelt.
Das Erbe der Abtei Eberbach – sowohl die historischen Gebäude als auch die Weinproduktion – befindet sich heute größtenteils in staatlicher Hand, was in diesem Fall bedeutet, dass es in guten, fürsorglichen Händen liegt. Für Weinliebhaber ist es eine Chance, von den Ursprüngen der Weinproduktion zu einem der modernsten Weinkeller Europas zu gelangen.
Der historische Cabinett-Keller ist zwar nicht mehr in Betrieb, kann aber im Rahmen einer Abteibesichtigung besichtigt werden. Die Weinproduktion hat sich näher an die Weinberge verlagert und kann auch besichtigt werden.
Beginnen Sie mit der Besichtigung der gut erhaltenen und restaurierten historischen Gebäude der Abtei, wo Sie historische Weinpressen und den Kabinettskeller sehen können. Probieren Sie die Weine im Laden der Abtei und decken Sie sich mit ihnen ein, bevor Sie etwa eine halbe Meile weiter die Keller der Domäne Steinberg besuchen, die heute zu den modernsten Weinproduktionsanlagen Europas gehören. Ein Rundgang führt Sie unter die Erde, denn die meisten Produktionsanlagen sind bis zu 14 Meter unter den Rebstöcken versteckt. Von der Probierstube und der Besucherterrasse aus hat man einen schönen Blick auf die Weine der Domäne Steinberg, den Rheingau und den Rhein.
Zugegebenermaßen braucht man an dieser Stelle viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass man im Mittelalter monatelang an den Rebstöcken gearbeitet hat – aber hier hat alles angefangen.
Ein Besuch der Abtei Eberbach ist regelmäßig Teil unserer Grand Cru Tour durch den Rheingau.
